Die Brückenwaage war der „Dorfplatz“ in Dürrenäsch um 1950, mitten auf der heutigen Kantonsstrasse. Fotografie aus dem temporären Dorfmuseum von Isidor Keller. Die Moderne unterschied in private, halbprivate, halböffentliche und öffentliche Räume/Zonen, wie geht man 2020 mit dem Bedürnis nach Austausch/Kontakt um? Welche Formen haben heutige „Dorfplätze“? Sind bsp. whatsapp-Gruppen oder digitale Foren ausreichend? Ist das WEF-Forum ein öffentlicher oder institutioneller Ort? Ist es im Zugabteil privater als zuhause?
Ludwig Hasler, schrieb in der Weltwoche Spezial am 7. September 2000: „Die Architektur definiert unsere Spielräume, drinnen, draussen, dazwischen, sie beflügelt unsere Spiellaune oder lässt sie verkümmern. (…) Kurz, die öffentlichen Räume müssten uns inspirieren, unsere aktiven und passiven Rollen im politischen, wirtschaftlichen, kulturellen Welttheater zu diskutieren.“
„Urbane Qualität beschreibt nach Brigit Wehrli- Schindler (NFP 65) eine generelle räumliche Qualität, die menschliche Begegnung begünstigt, Vielfalt gestattet und ein Gefühl der Vertrautheit ermöglicht. Urbane Qualität muss objektiven Kriterien der Raumordnung und der Nachhaltigkeit genügen, und sie muss von der Bevölkerung als Qualität angenommen und geschätzt werden. Der Grad der urbanen Intensität hängt vom Siedlungstyp und von den vorherrschenden Nutzungen ab und kann nicht losgelöst vom örtlichen Kontext und von der strukturellen Prägung der Gemeinde beurteilt werden.“ Auszug aus „Hochwertige Siedlungsentwicklung nach innen“, Departement Bau, Verkehr und Umwelt, März 2017
Auszug aus Urbane Qualität für Stadt und Umland, Brigit Wehrli-Schindler, Synthese des Nationalen Forschungsprogramms
«Neue urbane Qualität» (NFP 65): 1. Zentralität bedeutet, dass eine Situation für viele Nutzende signifikant ist. Je mehr Menschen diese Lokalität in ihrer Lebenswelt brauchen, desto zentraler ist der Ort. 2. Zugänglichkeit bedeutet, dass eine Situation für verschiedene Nutzende und Nutzungen räumlich und zeitlich offen steht. 3. Brauchbarkeit bedeutet, dass eine Situation den Anforderungen für verschiedene an dieser Lokalität vorzufindenden Nutzende und Nutzungen gerecht wird. 4. Adaptierbarkeit bedeutet, dass sich eine Situation den sich verändernden Anforderungen für verschiedene Nutzende und Nutzungen möglichst flexibel anpassen lässt. 5. Aneignung bedeutet, dass unterschiedliche Nutzende und soziale Milieus eine Situation durch ihre Praktiken aktiv beanspruchen und auf ihre spezi fischen Bedürfnisse beziehen. 6. Diversität bedeutet, dass unterschiedliche Nutzungen, Nutzende, Milieus und räumliche Ausprägungen in einer Situation präsent sind. 7. Interaktion bedeutet, dass unterschiedliche Nutzende in Bezug zu einer räumlichen Situation wechselseitig aufeinander einwirken.
Der „Brückenwaage-Dorfplatz“ von 1950 hatte also mehrere dieser „urbanen Qualitäten“ und das in einem Dorf, wo es 878 Einwohner gab und „urban“ wäre der Platz erst ab 10’000 Einwohner. „Urban“ ist heute alles, es ist ein „moralischer“ Begriff, der die immerwährende Modernität beschreibt, nicht von Gestern zu sein.